In der Ausgabe vom Dezember 2021 der Fachzeitschrift Campingimpulse erschien dieses Interview mit uns:
CI: Sie sind als Seriengründer bekannt geworden, haben Firmen etabliert und erfolgreich verkauft. Was hat Sie bewogen, den Bundesverband Microcamping zu gründen?
Peter Eich: Ich habe über ein Dutzend erfolgreicher Firmen im Tourismus gegründet, und jedes Mal begann es damit, dass ich ein ungelöstes Problem lösen wollte. So ist es auch hier. Als ich 2019 auf dem Caravan Salon einen ganzen Tag damit verbracht habe, auf jedem Stand der Hersteller das jeweils größte Poster zu fotografieren, da habe ich erkannt, dass sämtliche Hersteller in ihrer Bildsprache eine Freiheit versprechen, die es in der touristischen Realität gar nicht geben kann. Der VW Bus steht dort immer in einer Blumenwiese oder direkt am Strand, aber nie auf einem Campingplatz. Mit StayFree betreibe ich selber eine App, die sich an Wildcamper wendet, und wir versuchen darin die Wildcamper in ihrem Verhalten zu erziehen. Durch die CleanUps dokumentieren Nutzer darin tausendfach, wie sie ihren Platz sauberer hinterlassen als sie ihn vorgefunden haben. Das geht zwar in die richtige Richtung, aber es ist nur ein viel zu kleiner Tropfen auf den heißen Stein. Wir müssen das Wildcamping deutlich reduzieren. Die Lösung: Microcamping. Um die noch junge Branche des Microcamping in genau diese Richtung zu formen, habe ich diesen Verband gegründet. Denn ich habe Angst, dass sich einzelne Player sonst eher als eine Konkurrenz zu Campingplätzen positionieren, obwohl sie das gar nicht sind. Tatsächlich kann das Microcamping das vielleicht dringendste Problem im Camping-Tourimus lösen, indem es die Wildcamper zurückholt in die touristischen Strukturen und damit zugleich die Zahl der Stellplätze erhöht.
CI: Microcamping, so sagen Sie, sei die dringend nötige Alternative zum Freistehen, zumal die Zahl der Stell- und Campingplätze sehr viel langsamer wächst als die Zahl der zugelassenen Wohnmobile. Ist der Übergang zum Wildcampen da nicht fließend?
Eich: Genau, die Zahl der Wohnmobile wächst viel schneller als die Stellplatzkapazitäten. Die Folge sind überfüllte Destinationen, frustrierte Camper und die Flucht ins Wildcamping. Eine große Gefahr auch für die traditionelle Campingwirtschaft sehe ich darin, dass wir wieder viele Camper verlieren, weil sie den Spaß an ihrem Hobby verlieren. Das Besondere am Microcamping ist, dass es geordnet und bezahlt abläuft wie auf einem Stell- oder Campingplatz, aber gleichzeitig in der Bildsprache eher dem Wildcampen ähnlich ist. Genau das ist die Chance, um die Wildcamper „aus dem Wald“ zu locken und in feste Strukturen zu holen, die ein nachhaltiger Tourismus braucht. Das Microcampen ist für ehemalige Wildcamper also der erste Schritt zurück in Richtung Camping- und Wohnmobilstellplätze.
CI: Wie reagieren die Campingbranche bzw. die Landesverbände auf Ihre Initiative?
Eich: Meine bisherigen Gespräche waren geprägt von kritischer Neugier. Und sobald man der Campingbranche zeigt, dass Microcamping das immer größer werdende Problem des Wildcampens lösen kann, entstehen Verständnis und Unterstützung. Und genau diese Kommunikation ist eine der Aufgaben des Verbandes.
CI: Sind Caravaner und Van-Besitzer außen vor, weil die Ver- und Entsorgungsmöglichkeiten eher mau sind?
Eich: Es gibt kaum noch Vans ohne Toilette und Dusche. Und die einzelnen Plätze haben oft Kriterien, wie „nur mit eigenem WC erlaubt“. Und es fällt ja auf, dass Kastenwagen auf den Campingplätzen viel zu selten zu finden sind. Man muss sich fragen: Wo schlafen die eigentlich alle? Und in der Folge: Wie bekommen wir sie aus dem Wald raus? In Gütenbach im Schwarzwald bauen wir daher gerade ein Modellprojekt gemeinsam mit der Gemeinde auf, das eine zentrale Ver- und Entsorgung im Ort kombiniert mit Microplätzen im Umfeld. So kann jeder bei seiner An- und Abreise die Toilette und die Tanks ordnungsgemäß und kostenlos leeren und wieder füllen. Die größeren Destinationen sind schon jetzt sehr neugierig darauf, dieses Modell mit uns in der Fläche zu skalieren.
CI: Sie sind im Verbund mit sieben Partner, darunter auch der ADAC. Welche Rolle spielt denn der Automobilclub, der ja eher auf der Seite der Campingplätze einzuordnen ist?
Eich: Unser Verband ist noch ganz jung und wächst gerade. Der ADAC hat damals mit dem Start von PiNCAMP frischen digitalen Wind in die Branche gebracht. Das war für mich der Grund, die Entscheider bei ADAC Camping anzusprechen. Innerhalb von wenigen Tagen habe ich die Zusage bekommen, dass der ADAC unseren Verband unterstützt. Diese Geschwindigkeit schätze ich. Die konkrete Rolle des ADAC im Verband wird sich im Laufe der Zusammenarbeit finden. Für mich zählt der Wille des ADAC, sich mit Innovationen erst einmal positiv auseinander zu setzen und damit die Entwicklung des Ökosystems Camping zu fördern. Darum hoffen wir auf Unterstützung von weiteren Playern der Camping- Branche, damit wir das Problem des Wildcampens und der zu geringen Anzahl von Stellplätzen gemeinsam lösen können.
CI: Wie viele freie Plätze hat Ihr Verband mittlerweile gelistet und wie schätzen Sie die Entwicklung ein? Haben wir in fünf Jahren die ultimative Alternative zu den niederländischen Mini-Camps?
Eich: Ich wüsste gerne, was genau in fünf Jahren sein wird. Das weiß aber keiner, und es hängt vor allem von dem ab, was wir in der Zwischenzeit tun. Zum Ende der Saison 2021 haben wir in der Summe bereits über 3.000 Stellplätze. Die genaue Anzahl kennt aber niemand, weil die Abgrenzung schwer ist und eben noch niemand versucht hat, das touristisch zu erfassen und zu professionalisieren. Genau dafür haben wir den Verband gegründet.
Was am Ende entstehen wird, hängt wie überall davon ab, was die Kunden wollen. Und der typische Fahrer eines Kastenwagens, der noch nie auf einem Campingplatz war, hat ein Bedürfnis, das wir ernst nehmen müssen. Erst dann können wir ihn sanft in professionelle touristische Bahnen lenken.